Leistungsdenken beim Sex

Aus Kuscheln im Bett muss nicht immer Sex werden. Leistungsdenken im Bett und überhöhte Erwartungen können Frauen die Lust an der Sexualität vermiesen. Besser ist es, zu akzeptieren, dass die Lust vor allem in längeren Beziehungen nicht auf Knopfdruck kommt.
„Die wenigsten Menschen in längeren Partnerschaften sind zufrieden mit ihrem Sexualleben“, sagt Sandra Maravolo, Autorin zweier Sex-Ratgeber und Inhaberin eines Erotikshops für Frauen in Frankfurt. Das Problem sei, dass viele Menschen nicht einsehen wollen, dass der Sex in einer Partnerschaft nicht für immer so wild und aufregend bleibt wie am Anfang. „Dabei ist das normal.“Wenn eine Frau keinen Orgasmus erlebt - oder glaubt, keinen zu erleben-, kann das laut Maravolo an überhöhten Erwartungen liegen. „Manche Frauen stellen sich unter einem Orgasmus unglaubliche Dinge vor. Da muss sozusagen die Erde beben.“ Ihren wirklichen Orgasmus nehmen diese Frauen oft gar nicht als solchen wahr, weil er nicht ihren Erwartungen entspricht.Auch der Psychologe Ragnar Beer aus Göttingen, der mit Kollegen die Online-Paartherapieplattform Theratalk betreibt, rät sexuell unzufriedenen Paaren zu mehr Kommunikation. „Es gibt Wünsche, die nur darauf warten, erfüllt zu werden. Doch wenn das Paar nicht darüber redet, bleiben sie unerkannt.“Sexuelle Unlust entsteht laut Beer, weil man sich nicht mehr auf das freut, was einen erwartet. Wenn die anfängliche sexuelle Euphorie verflogen ist, „werden oft nur noch die Knöpfe gedrückt, bei denen man weiß, da reagiert der Partner.“ Routine schleicht sich ein - und damit auch Langeweile.Lust erlebenOft leiden Frauen aber gar nicht so sehr darunter, dass der Sex in ihrer Beziehung nicht so läuft, wie erwartet. „Wir haben herausgefunden, dass die sexuelle Zufriedenheit bei Frauen nicht primär davon abhängt, ob sie viel oder wenig Sex haben. Viel wichtiger sind eine gute Beziehung zum eigenen Körper und eine gut funktionierende Partnerschaft“, sagt die Sexualwissenschaftlerin Ulrike Brandenburg aus Aachen.

Ein Grund dafür, dass Frauen sich beim Sex unter Druck gesetzt fühlen, ist der gesellschaftliche Druck. „Sexuelle Lust ist zum Mythos verkommen. Dieser diktiert, dass Menschen, die eine Beziehung miteinander haben, auch Lust aufeinander haben müssen“, erklärt Brandenburg. Doch wenn der Alltagsstress Überhand nimmt, „kommt es schon mal vor, dass ein Paar aus dem Karussell der regelmäßigen Lust herausfällt.“Auch eine Frau, die nur sehr selten Sex hat, kann ein glückliches Sexualleben haben. „Es gibt keine Norm, wie oft man Sex haben muss“, sagt die Diplompsychologin Eva Wlodarek aus Hamburg. Oft seien Frauen gehemmt, weil sie mit ihrem Körper unzufrieden sind. „Wer starkes Übergewicht hat, sollte natürlich etwas dagegen tun. Aber kleine körperliche Probleme spielen keine Rolle, die bekommt der Partner oft gar nicht mit.“Dass Frauen sich mit ihrem Körper anfreunden, ist auch für Claudia Haarmann ein wichtiger Schritt zum stressfreien Sex. Die Psychotherapeutin und Autorin aus Essen hat festgestellt, dass viele Frauen nicht einmal ein eigenes Wort für ihre Vagina haben: „Frauen sind nicht mit ihrem Körper vertraut. Mütter erzählen ihren Töchtern nicht, was Lust bedeutet.“

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