Der Sexflüsterer

So reden sie sie zum Orgasmus!

Am Anfang war das Wort, lange vor der Schlange und dem Apfel. Und die Welt war noch gut und nannte sich Paradies.
Es gibt zwölf Worte, bei denen jede Frau schwach wird. Es wird Zeit, dass Sie die kennen (und auswendig) lernen. Wie wäre es wohl, wenn Sie das Wort führen könnten, das absolute Sagen hätten, jetzt, wo die Sünde – zum Glück! – auf der Welt ist? Wenn Sie so bewegend reden könnten, dass eine Frau nicht mehr anders kann, als mit Ihnen zu kommen. Wir haben deshalb für Sie bei weltbekannten Schriftstellern nachgesehen, wie man Frauen schwach macht, heimführt und die erotischen Wesen zur Ekstase redet. Wir zeigen, wie man Taktiken aus diesen literarischen Ergüssen im wirklichen Leben anwendet. Bis die Dame, die Sie erhört, nicht mehr schweigt, sondern vor Lust stöhnt. Dazu können Sie dann beredt schweigen.

Phase 1:

Mit Worten kitzeln „Es gibt keine indiskreten Fragen, nur indiskrete Antworten“, Oscar Wilde. Sie unterhalten sich mit einer offenherzigen Bekanntschaft auf der Party (ach ja, alle hier genannten Tricks funktionieren selbst redend auch mit Ihrer Partnerin, da haben Sie sogar noch leichteres Wort-Spiel). Grundbedingung ist nur ein bisschen Interesse an der Gegenseite, sonst ist alles Reden vergeblich. Sie beginnen wie immer. Es geht um das Übliche. Wer kennt wen, was man sonst so macht, ganz harmlos. Zu harmlos? So verschärft man unprätentiös den Dialog, um sich nahe zu kommen.

Finger weg:
Martin unterhält sich erstmals mit Renate. Völlig unvermittelt beginnt er, von idealtypischen Brüsten zu sprechen. Renate widerspricht: „Es kommt ja nicht auf die Größe an.“ – „Worauf denn sonst?“ – „Na ja. Auf … also, auf die Form, zum Beispiel. Und ob sie schön fest sind. Und was man für Brustwarzen hat.“ Renate stockte. Sie war dunkelrot geworden. „Also, eine Unterhaltung führen wir“, sagte sie, „wenn das meine Mutter hören würde!“ – „Sie hört es ja nicht, und sehen tut uns auch keiner.“ – Renate hatte den Kopf von ihm weg gebogen, aber ihr Körper drängte komischerweise immer näher zu seinem Körper, ob sie nun wollte oder nicht. Brigitte Blobel, „Die Baronessa“ (in: „Höhepunkte“, hrsg. v. Chrestina di Raimondi)
So funktioniert‘s im echten Leben:
Sex, Körper, Anziehungskraft, Attraktivität, Erregung – alles Themen, über die Sie reden müssen. Aber ein schlauer Kerl wie Sie fällt nicht ungehobelt mit der Tür ins Haus, er benutzt die intellektuelle Hintertür: Sex ist heute schließlich ein echtes Kulturthema. Diskutieren Sie deswegen beispielsweise über eine gewagte Sexszene in einem neuen Film („grandios geschnitten, oder?“), über „Sex And The City“ („Ist das Frauenbild nicht zu einseitig?“), Bisexualität („Kannst du über deinen Schatten springen?“), eigene sexuelle Erfahrungen („Ich habe schon viel geweint“) oder einfach über den neuen Sexshop für Frauen in der Einkaufszone („Muss das sein?“). Spielen Sie die Unschuld vom Lande und lassen Sie sich aufklären. Das Thema ist unverfänglich weit weg vom Schambereich der Gesprächspartnerin – und doch kitzlig nah dran. Das bringt sie unvermittelt in Fahrt.


Mit Wattebällchen werfen:
Wem das alles zu schnell geht, der kann auch einen Umweg nehmen. Lästern Sie. Klar, eigentlich ist das ganz gemein – pfui! Aber weil Frauen es nun mal gern tun, sollten Sie das nutzen. Nie ist Tratschen so wertvoll wie beim Flirten. Denn Lachen, vor allem über Dritte, vermittelt Gemeinsamkeit. Kleine Bosheiten prickeln. Außerdem können Sie beim Lästern das Gespräch in die richtige Richtung steuern. „Ist so ein weit geöffnetes Hemd wie bei Peter okay?“ Oder: „Schau mal, Helmut schaut Sarah auf den Busen. Was hältst du von dem tiefen Ausschnitt?“ Und damit kommen Sie Ihrem Ziel Tuchfühlung schon ein bisschen näher.
Mehr von ihr:
Nun kommt der Coup: Wenden Sie das Thema ins Positive und ins Persönliche, indem Sie offen nach Vorlieben fragen: „Findest du das bei Männern gut?“ Sie fühlt sich bestimmt geschmeichelt ob Ihres Interesses an ihrer Expertinnenmeinung und öffnet sich. Noch besser wird‘s mit dieser Frage: „Was macht für dich den Sex-Appeal einer Frau aus?“ Dieser psychologische Schachzug führt Sie auf interessantes Terrain. Nach wenigen Sätzen redet jede Frau von sich, erklärt Ihnen die eigene Attraktivität und plaudert über ihre Schwächen. Lassen Sie sich überzeugen. Vor allem jedoch: Widersprechen Sie ihr! „Dein Po ist überhaupt nicht zu groß!“ Sollte Sie nach Ihrem Frauen-Geschmack fragen, dann seien Sie vorsichtig – sie bezieht Ihre Antwort auf sich selbst. Frauen sind so.

Die Welt in Rosa:
Frauen stehen auf Romantik, klar. Sie sollten es also nicht versäumen, eine Frau im Werbegespräch mit einem poetischen Spruch zu verzaubern. „Da kann man sich schon seltsam fühlen, wenn man so zu den Sternen hochschaut, nicht wahr?“ – „Ja“, sagte Johnny und wandte den Blick zum Himmel. „Die sind so klein, und wir sind so groß.“, Alex Capus, „Ein Finne auf Hawaii“ (in: „Bitte streicheln Sie hier!“, hrsg. v. Susanne Rehlein) Großes Kino! Das lieben die Frauen. Sagen Sie etwas, das Begriffe wie „wir Menschen“, „das Leben“, „Endlichkeit“, „Natur“ oder „die Liebe“ enthält. Wer der Literatur mehr traut als dem eigenen Sprachvermögen, sucht sich aus einer Aphorismen-Sammlung einen viel sagenden Dichter-und-Denker-Satz heraus (siehe www.aphorismen.de), den er zitiert und mit den Worten „Weißt du, das beschäftigt mich nun einmal“ abrundet. Ihre Gesprächspartnerin wird bemerken, was für ein tiefgründiger Typ Sie sind. Einer, mit dem man mitgehen kann. Das kommt jetzt.


Phase 2:

Mit Worten überzeugen „Man muss zu weit gehen, damit man weiß, wie weit man gehen kann“, Heinrich Böll. Das Beispiel aus der Literatur: … nachdem sie miteinander ausgegangen waren, sagte er zu ihr, als sie sich bei ihr im Hausflur küssten: „Weißt du, Delorita, ich wollte, du würdest mich nicht so ansehen, ich bin nicht der Heilige, für den du mich hältst.“ … „Sieh mal, Delorita“, sagte er, „ich wollte dich respektieren, aber jetzt … Ich kann nachts nicht schlafen, ich muss immerzu an dich denken … Und da ist noch etwas, ich habe kein Wort davon gesagt oder meine Gefühle gezeigt, denn ich bin ein vorsichtiger Mensch, aber, Delorita“– und er versetzte ihr einen Schock, indem er ihre Hand nach unten an seinen Hosenschlitz zog – „siehst du nicht, in was für einem Zustand ich bin?“ – Sie küssten sich …, bis sie sagte: „Lass uns hineingehen. Ana Maria ist ausgegangen und kommt erst spät zurück“, Oscar Hijuelos, „Die Mambo Kings spielen Songs der Liebe“
So funktioniert es im echten Leben:
Alle Macht der Liebe. Okay, das mit der Hose ist zu direkt für den Hausgebrauch, generell betrachtet ist die Strategie jedoch grandios: Der Verführer macht sich zum Verführten, er stellt sich passiv – obwohl er die treibende Kraft ist. Da ist etwas größer, stärker als sein eigener Wille, ach, die Liebe, die Lust, die Leidenschaft. Welche Frau kann da widerstehen?

Abenteuerlust reizen:
Was eine Frau in so einer Situation braucht, ist ein Mann, der ihr die prägsexuellen Hemmungen nimmt. Durch so etwas wie: „Komm schon, trau dich!“ Wie Sie jedoch wissen, hat dieser Text schon damals nicht funktioniert, als Papi wollte, dass seine Kleine im Freibad vom Dreier springt. Fangen Sie es cleverer an, indem Sie einfach nach einer Situation fragen, in der sich die Schöne etwas getraut hat – fragen Sie nach Mutproben, nach Bungee-Jumping, Rafting, Klettergarten oder verbotenen Früchten. Die Gesprächspartnerin ist schüchtern und singt in einem Chor? Was glauben Sie, wie aufregend Konzerte sein können! Das Erinnern und Erzählen des erregenden Moments weckt eine abenteuerlustige Stimmung und damit den Wildkatzen-Anteil in ihr, der spontan und lustvoll Grenzen überschreitet. Ja, so eine ist sie. Also, warum nicht auch heute?

Volles Risiko:
Jetzt bitte nur keine falsche Bescheidenheit! Wenn Sie meinen, Ihre Eroberung könnte mitgehen, sie aber noch zögert, wirkt ein überzeugendes „Komm mit!“ am besten. Oder ein „Ich kann dich nicht gehen lassen!“ Vorsichtige Naturen fragen sie jetzt ironisch nach einer Tasse Kaffee, immerhin. Aber betteln Sie nie! Und fragen Sie nicht defensiv, das provoziert einen abschlägigen Bescheid. Direktheit führt am ehesten zum Ziel, sie zeigt, wie intensiv Ihr Begehren ist.

Phase 3:

Mit Worten erregen „Bei uns Frauen sitzt der G-Punkt in den Ohren. Wer ihn weiter unten sucht, der verliert seine und unsere Zeit“, Isabel Allende. Sie sind so weit. Intim, wie man so schön sagt, und schon eingedrungen oder gerade dabei. Auch in diesem Moment kann der eloquente Mann noch viel bewegen, denn das Gehirn einer Frau ist nach der Klitoris das wichtigste Lustorgan, sagt sogar die Forschung. Reden Sie jetzt, reden Sie ihr den Verstand aus dem Kopf, damit die Geliebte nicht mehr denkt, sondern nur noch fühlt – Sie fühlt. Die Beispiele aus der Literatur: „Um mich zu erregen, reicht eine einfache Antwort, die meinen Namen mit diesem Körperteil verbindet: Oh, Catherine, dein Arsch, dein Arsch …“, Catherine Millet, „Das sexuelle Leben der Catherine M.“
Ihre Strategien: Die Ein-Wort-Strategie: Siehe oben, das ist der einfachste Text der Welt: Der Name der Frau. Sprechen Sie ihn aus, immer wieder, zart in ihr Ohr, verliebt in ihr Gesicht, bewundernd zu ihren Brüsten, erregt in ihre Scham. Mit dieser Strategie können Sie sogar weibliche Gletscher zum Schmelzen bringen. Machen Sie sich auf ein feuchtes Vergnügen gefasst.

Die Zwei-Wort-Strategie:
Siehe bei Catherine Millet: Es befördert die Ekstase, wenn man den Namen der Geliebten in einem Zug mit einem besonders bemerkenswerten Körperteil nennt. Sie dürfen echte Begeisterung in simple Worte kleiden. So einfach ist das. Vulgärworte - jenseits des guten Tons: Nach Erfahrung der französischen Autorin Catherine Millet, die mehr Praxis vorzuweisen hat als eine Busladung Männer und es demzufolge wissen muss, beschränken sich die meisten Männer auf bestimmte Begriffe oder Sätze. Sie sagen, gleich wirst du gut „durchgevögelt“, „genagelt“; du selbst bettelst, von dem „dicken Schwanz“ durchbohrt zu werden, dieser „stahlharten Rute“, die dir „so gut“ tut. Aha. Interessant ist auch ihre Begründung dafür, dass vulgäre Äußerungen im richtigen Moment erregend wirken: Sie lassen uns ein wenig mehr miteinander verschmelzen und beschleunigen die Selbstauflösung, nach der wir in solchen Momenten streben. Die Lektion für alle etwas vorsichtigeren Sextreibenden lautet: Benutzen Sie vulgäre Ausdrücke nicht unvermittelt, sondern erst, wenn der Verstand den Dienst quittiert und wollüstige Ekstase regiert. Also erst, wenn Ihre Partnerin nach den harten Sachen bettelt.

Die Lust verdoppeln:
Das Prinzip kennen Sie vom Fußball: Ein Tor fällt, der Kommentator brüllt. Klar, man versteht das Tor auch ohne Ton. Es ist aber aufregender, wenn jemand beschreibt, quasi verdoppelt und damit verstärkt, was passiert – etwa so: „Eine wunderbare Vorlage, das sieht gut aus, diese dauernden Vorstöße, nun wieder, jaaaa, er zieht ab, es ist atemberaubend, der Höhepunkt, und – ja, jaaaa, jaaaaaa, Toooor!“ Passen Sie einfach das Thema und die Wortwahl so an, dass die Frau Ihres Begehrens mit von der Partie bleibt. Auch Millet erkennt den Zusammenhang: Bild und Sprache sind Komplizen, weil der Anblick auch als Vorwand für Kommentare dient. Wie schön er gleitet! Wie weit er hineingeht! Ja! Jetzt ist es aber genug. Wir wissen ja, Sie müssen dringend los. Eine Frau ansprechen. Um dann ein bisschen mit ihr zu reden.