Muss Sex sauber sein?

Guter Sex soll schmutzig sein, sagen die einen. Bevor es ernst wird, müssen Intimdusche, Deo und Zahnseide her, sagen die anderen. Wie animalisch Sex sein darf, haben wir herausgefunden.
Lou Paget ("Der perfekte Liebhaber") - eine viel gelesene amerikanische Sex-Kennerin - stellt sich guten Sex so vor: Erstmal waschen! Denn ihr zufolge kann es im Bett nur richtig prickeln, nachdem Zähne und Zahnzwischenräume geputzt und Achseln, Popo und Genitalien frisch gebraust sind. Vom irischen Schriftsteller James Joyce dagegen ist uns aus seinen Briefen an seine Frau Nora überliefert, dass er sich an "den schweren Gerüchen" ihres Hinterns berauschte. Und die Wissenschaft lehrt, dass uns der Geruch des Partners erotisiert, weil wir unbewusst auf seine Pheromone ansprechen. Wie also soll man sich jetzt in die Falle begeben!?

Wie bei allen wirklich spannenden Sachen im Leben gibt es auch hier kein Patentrezept. Außer: Folge deinem Herzen und deiner Nase. Und deinen Trieben. Die meisten finden den Geruch des anderen nämlich tatsächlich erotisierend. Sonst könnten sie ihn oder sie ja auch nicht riechen und wären gar nicht erst mit ihm oder ihr zusammen. Nur: Wo zieht man die Grenze? Und: Warum rennen Frauen vorm Sex ins Bad?

Aus amerikanischen Liebesfilmen oder auch aus eigener Anschauung kennt man das Prozedere: Die ersten Küsse sind getauscht, die Gier nach dem anderen Körper wächst, und was machen die Frauen? Sie huschen ins Bad, um sich untenherum ein wenig frisch zu machen. Denn anders als Männer, die unter den Achseln und anderswo selbstbewusst ausdünsten, sind Frauen oft unsicher. Vor allem, was ihre Gerüche unterhalb der Gürtellinie angeht. Manche benutzen sogar Intimduschen oder Intimsprays, in dem irrwitzigen Glauben, ein Mann fände es aufregend, wenn eine Frau zwischen den Beinen wie eine Bananenstaude riecht. Tatsächlich finden Männer aber den Eigengeruch der weiblichen Scham betörend. Intimsprays haben nämlich nur einen Effekt: Sie riechen irgendwie falsch. Und genau wie die Intimdusche irritieren sie das feine Gleichgewicht der Gerüche und Sekrete in der Scheide und können sogar Trockenheit und Infektionen fördern. Wer zur eigenen Selbstsicherheit die Frische im Schritt braucht, darf natürlich weiterhin ein Bidet benutzen. Besonders nach knoblauchreichem Essen, das sich nämlich auch dort niederschlägt, wo Mann und Frau nicht damit rechnen.

Einen Überraschungseffekt erzielen leider oft auch Männer. Ein Penis hat zwar einen durchaus anregenden Eigengeruch, nur leider kippt der nach etwa 24 Stunden und macht den Penis damit für Frauen praktisch ungenießbar. Wir lernen daraus: Tägliche Pflege der Kernbereiche Achseln, Genitalien und Po reicht für ordentlichen Sex meist aus. Schließlich will man ja nicht mit einem Duschgel ins Bett. Wer dies doch möchte, sollte sich die "Männerwaschanleitung" von Thomas Rottenberg und Dagmar Hansel besorgen. Und wer es sich lieber wie der alte Joyce besorgt und besorgen lässt, der muss dessen "Briefe an Nora" lesen.